Richtlinien- oder Learning-Management? Eine Systemfrage

Weiterbildung

Nahezu jedes größere Unternehmen und inzwischen auch der Mittelstand schaffen Lösungen, um Mitarbeiter weiterzubilden und zugleich die hohen Kosten für Präsenzschulungen zu sparen. Weltweit lernen, wann der Terminkalender es hergibt, das ist für viele verlockend. Gemeinhin präsentieren LMS -Anbieter den Lernstoff in Videos, meist mit interaktiven Inhalten in einem E-Learning verpackt. Praktisch: Die Mitarbeiter können so Zeit und Tempo selbst bestimmen und die Trainings immer wieder unterbrechen.

Unternehmen kaufen die entsprechenden Systeme und Inhalte und informieren damit Mitarbeiter über Themen wie den unternehmensspezifischen Code-of-Conduct, Korruption oder Kartellrecht. So kann das Management nachweisen, dass es mit Information und Weiterbildung die Mitarbeiter in die Lage versetzt hat, die oft komplexen Richtlinien auch einzuhalten. Dies ist besonders dann hilfreich, wenn Fehler oder Verstöße aufgetreten sind. In modernen LMS können verschiedene Arten von Dokumenten, wie zum Beispiel auch Richtlinien, abgelegt und in den Lernzyklus eingebunden werden.

Systeme zum Richtlinienmanagement
Geht es dagegen um die professionelle Verwaltung und Auffindbarkeit von Richtlinien und Anweisungen, eine Unterstützung des Dokumentenlebenszyklus und eine nachweissichere Versionsführung, dann ist ein Richtlinienmanagement-System ohne Alternative. Beim Richtlinienmanagement beginnt die Unterstützung durch das Werkzeug schon bei der Erstellung des Dokuments, denn daran sind oft mehrere Personen oder Fachbereiche beteiligt. Im Prozess folgen daraufhin Abstimmungen und schließlich die Freigabe. All dies sollte die Software unterstützen. Bei Änderungen muss eine revisionssichere Versionsführung erfolgen, aus der hervorgeht, welche Version in welchem Zeitraum gültig war und wie sie an wen kommuniziert wurde.

Nach der Freigabe gehen die Dokumente an definierte Zielgruppen. Hier unterscheiden die Systeme zwischen der stillen Verteilung, der Verteilung mit Pflicht zur Kenntnisnahme und der Verteilung mit der Pflicht, einen Test zu absolvieren. Die Kenntnisnahme einer Richtlinie erfolgt in der Regel in wenigen Minuten – und die Arbeit kann weitergehen. Gute Richtlinienmanagement-Lösungen unterstützen das und liefern Eskalationsstufen bei Nicht-Einhaltung mit.

Richtlinien sind Dokumente, die der Anwender ausschließlich in der aktuellen Version auffinden darf. Dies setzt Basisfunktionen eines Dokumentenmanagement-Systems mit umfassenden Suchfunktionen voraus. Selbstverständlich müssen Richtlinien und Anweisungen regelmäßig aktualisiert und angepasst werden. Damit beginnt der Lebenszyklus wieder von vorne und es entstehen neue Versionen. Gute Richtlinienmanagement-Systeme ermöglichen zusätzlich die Einbindung multimedialer Inhalte und erleichtern so nicht nur die Arbeit der Verantwortlichen ganz erheblich, sondern ermöglichen eine zeitgemäße Vermittlung komplexer Sachverhalte.

Konzeptionelle Unterschiede
Obwohl auf den ersten Blick ähnlich, machen die  konzeptionellen Unterschiede der Systeme deutlich, dass es bei der Entscheidung für eines der Systeme ganz entscheidend auf den Einsatzzweck und die Ziele ankommt: Stehen Trainingsinhalte und ausgeprägte didaktische Fähigkeiten der Systeme im Vordergrund, dann ist ein LMS-System mit E-Learnings das Mittel der Wahl. Beim E-Learning kommt es in der Hauptsache auf den Inhalt an und nur am Rand auf das System, das dafür genutzt wird. Daher ist vielfach nicht das System Kern des Angebots, sondern der Inhalt.

Richtlinien dienen oft der verbindlichen Regelung von Sachverhalten, die zunehmend beweissicher erstellt und effizient verwaltet werden müssen. Solche Anforderungen bestehen für E-Learning-Inhalte häufig nicht. Außerdem unterscheidet sich der Lebenszyklus der Inhalte oft gravierend. Insofern haben beide Welten ihre Berechtigung und ergänzen sich. Moderne Richtlinienmanagement-Systeme können Inhalte auch multimedial vermitteln und werden vielfach zur ansprechenden Präsentation der Inhalte genutzt.

In größeren Organisationen oder regulierten Branchen bilden die beiden Systeme keine Alternativen, sondern ergänzen sich. Kleinere Unternehmen, in nicht regulierten Industrien, können hier durchaus Kompromisse eingehen und kommen durch Work arounds meist mit einem der beiden Systeme aus. Revisionssicherheit und Unterstützung des Dokumentenlebenszyklus bieten vornehmlich Richtlinienmanagement-Systeme.

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