Rückblick

Bundeskongress Compliance

„Ich hoffe, dass erkannt wird, dass diese konfrontative Gegenüberstellung von Wirtschaft und Gesellschaft schlichtweg falsch ist.“ Dr. Marco Buschmann, Bundesminister der Justiz

Mit seinem Besuch auf dem Bundeskongress Compliance Management, hat Justizminister Dr. Marco Buschmann die gesamtgesellschaftliche Relevanz von Compliance und Corporate Governance unterstrichen. In seiner Eröffnungsansprache ging Herr Buschmann auf die aktuellen Gesetzesvorhaben ein und unterstrich die Bedeutung, die diese in der zukünftigen Unternehmensführung haben. Darüber hinaus wies der Justizminister dem Compliance Management eine herausragende Stellung für die Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen zu. „Ich hoffe, dass erkannt wird, dass diese konfrontative Gegenüberstellung von Wirtschaft und Gesellschaft schlichtweg falsch ist. (…) Das ist eine unselige Gegenüberstellung. Die Wirtschaft ist nicht der unsoziale, unökologische Feind des Fortschritts, die Wirtschaft ist Teil der Gesellschaft und wir werden zusammen scheitern oder zusammen erfolgreich sein.“ 

 Insgesamt standen Politik und Gesellschaft im Zentrum des Kongresses wie schon lange nicht mehr. Schließlich war das Jahr 2022 gespickt mit Themen, die Beachtung in vielen gesellschaftlichen Debatten gefunden haben. Der Veranstaltungsort, die historische Kassenhalle des Humboldt Carrés war also gut gewählt, denn mit Sandsteinsäulen, bogenförmigen Öffnungen und einem offenen Glasdach, übernimmt die Kassenhalle auch heute wieder die Funktion eines Forums – eines öffentlichen Repräsentationsplatzes.  

Wenn man das Programm des Kongresses in seine Einzelteile zerlegt, ergeben sich die Puzzleteile für ein ganzheitliches Bild von modernem Compliance Management. Auch wenn das Lieferkettengesetz und der Hinweisgeberschutz viel diskutierte Formate waren, kamen auch Monitoring, Audits und Reporting nicht zu kurz. Neben der „Berichtserstattung“ wurde aber gerade die Rolle der Compliance-Verantwortlichen neu betrachtet. Das Spannungsfeld Regulatorik versus Gestaltungswillen bot hier den Rahmen zahlreicher Vorträge.   

Der Kongress war zudem geprägt von der Bedeutung compliance-relevanter Themen für die Ausrichtung und Führung von erfolgreichen Unternehmen. Was bedeutet beispielsweise Verantwortung innerhalb meiner Lieferketten für die gesamte Organisation und wie mache ich diese Verantwortung zu einem Teil meines Markenkerns und somit zur Value Proposition? Hebt mich mein CMS im Markt ab und erkenne ich bereits gute Compliance-Arbeit als relevanten Wettbewerbsvorteil und kommuniziert die Organisation diesen Vorteil angemessen?  

 Und genau hier setzte das Leitmotiv des Kongresses an: Compliance und Wirklichkeit- verstehen wir unser Unternehmen?  

Haben wir das richtige Bild von der Arbeit der unterschiedlichen Abteilungen und haben diese das richtige Bild von uns? Gehen wir unvoreingenommen in die Konzeption von Schulungen und garantieren somit ihren Erfolg? Wissen wir wirklich, was Vertriebsteams antreibt und wie der Einkauf Informationen bezieht? Was ist eigentlich Produkt-Compliance genau und wie gestalten wir die Zusammenarbeit mit F&E?  

Denken wir diese Fragestellungen etwas weiter, ergibt sich folgerichtig der Gesamtzusammenhang Kollaboration. Wie hebe ich -nach dem richtigen Verständnis der Einzelinteressen- Synergien? An welchen Stellen entsteht Reibung und wie gestalten wir eine nahtlose Kommunikation ohne weitere Transaktionskosten? Im weiteren Verlauf dieses Heftes, werden wir diese Fragestellungen wieder aufgreifen und gemeinsam mit Praktikerinnen und Praktikern weiterdenken und ausführen. 

 Auch wir kamen nicht vorbei an den Buzz-Words der Arbeitswelt: Digitale Transformation, New Work und New Normal: wie Compliance-Verantwortliche mit diesen Veränderungen umgehen können war Inhalt einiger Vorträge. So gab es Input zu digitalem Line Management und der Wichtigkeit von Risikoprävention bei gleichzeitigem Effizienzgedanken und Kostendruck. Soll heißen: wie viel Zeit verbringe ich mit der Organisation meiner Organisation und wie viel Zeit, kann für das operative Geschäft aufwenden. Eine Frage, die nicht wenige von uns umtreibt.   

 Mitbestimmung war dann das abschließende Puzzleteil im Kongressprogramm. Alexandra Schädler Vorstand des Fachbereichs Betriebspolitik, Ressort Betriebsverfassung und Mitbestimmungspolitik der IG Metall und Mitglied des Aufsichtsrats der KION GROUP sieht die Mitbestimmung als wichtigen Treiber für erfolgreiches Compliance Management. Mit über 300 TeilnehmerInnen war der Kongress in diesem Jahr schon früh ausverkauft.   

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe KOOPERATION UND KOLLABORATION. Das Heft können Sie hier bestellen.

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