Am 1. 1. 2016 ist nach intensiven Diskussionen das „Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte“ (BGBl I 2015, S. 2517 ff.) in Kraft getreten. Dabei bilden die Kernregelungen des Gesetzes die §§ 46 ff. BRAO und der § 231 Abs. 4a–4d SGB VI.
Der Beitrag erläutert kurz die Systematik der gesetzlichen Lösung, geht dabei dann aber auf die Fragen ein, die sich im Zulassungsverfahren bei den regionalen Rechtsanwaltskammern (RAK) und im Befreiungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) bereits nach den ersten Wochen stellen. Denn es zeigt sich bereits, dass das Zusammenspiel zwischen Zulassungsrecht und Befreiungsrecht für viele nicht mit der Thematik befassten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten schwer zu durchschauen ist. Gerade bei den Fragen der Übergangsregelungen vom alten zum neuen Recht hat auch der Gesetzgeber nicht alle Konstellationen gesehen und daher lange nicht für alle Betroffenen, die sich zum Teil seit Jahren in der Auseinandersetzung mit der DRV befinden, mit der jetzt möglichen Zulassung als Syndikusrechtsanwalt die Probleme der Vergangenheit gelöst.
Überblick
Die §§ 46 ff. BRAO schaffen nunmehr die Grundlage für ein völlig neues System der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Neben der Klarstellung, dass auch der angestellte Rechtsanwalt bei einem anwaltlichen Arbeitgeber als Rechtsanwalt tätig ist (§ 46 Abs. 1 BRAO), gibt es nun ausdrücklich den Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt), der für seinen nichtanwaltlichen Arbeitgeber (§ 46 Abs. 2 BRAO) anwaltlich tätig ist, für den also der Arbeitgeber der einzige Mandant ist, auch wenn für den Arbeitgeber Dritte (Mitglieder etc.) beraten werden (§ 46 Abs. 5 BRAO).
In Zukunft gibt es also drei unterschiedliche Zulassungen für Rechtsanwälte:
1. der „freie“ Rechtsanwalt (auch bei einem Rechtsanwalt angestellt), § 4 BRAO;
2. der Syndikusrechtsanwalt (mit einem oder mehreren Arbeitsverhältnissen), § 46 Abs. 2 BRAO;
3. der Rechtsanwalt mit einer Doppelzulassung als Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt.
Dabei ist der einzelne Rechtsanwalt immer nur als natürliche Person Mitglied einer RAK.
Mit der bestandskräftigen Zulassung als Rechtsanwalt in einem Angestelltenverhältnis, egal ob nach § 46 Abs. 1 oder Abs. 2 BRAO, einher geht auf Antrag (der nicht gestellt werden muss) die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI zugunsten des anwaltlichen Versorgungswerks. Die DRV ist an die erfolgte Zulassung gebunden und kann hier keine eigene Prüfung mehr vornehmen.
Zulassungsverfahren
Wer also die neue Möglichkeit nutzen will, als Syndikusrechtsanwalt tätig werden zu wollen, der muss sich gem. § 46a BRAO bei einer der 27 regionalen Rechtsanwaltskammern zulassen.
1. Antrag auf Zulassung
a) Zuständigkeit
Frage: Welche RAK ist für den Antrag auf Zulassung zuständig?
Hier muss man unterscheiden, ob der Antragsteller bereits als Rechtsanwalt zugelassen ist oder erstmalig einen Antrag stellt.
aa) Bereits zugelassener Anwalt
Schon bisher zugelassene Rechtsanwälte, die sich jetzt zusätzlich als Syndikusrechtsanwälte zulassen wollen, müssen den Antrag (§ 33 Abs. 3 Nr. 1 BRAO) bei der RAK stellen, deren Mitglied sie bereits sind, also da, wo sie ihren bisherigen Kanzleisitz haben. Auf den Beschäftigungsort und damit den Kanzleisitz beim nichtanwaltlichen Arbeitgeber (§ 46c Abs. 4 BRAO) kommt es dabei nicht an.
Alle Rechtsanwaltskammern haben auf ihren Internetseiten die erforderlichen Anträge als Formulare zusammen mit einem entsprechenden Merkblatt eingestellt. Das Merkblatt gibt i.d.R. über viele Fragen, die per E-Mail oder am Telefon gestellt werden, schon einen guten Überblick.
Beispiel:
Es besteht eine Mitgliedschaft bei der RAK Köln, dort ist die Kanzlei für die Anwaltstätigkeit. Die Syndikustätigkeit wird aber in Düsseldorf ausgeübt. Zuständig für die Zulassung ist die RAK Köln.
bb) Erstmalige Zulassung
Wollen Sie erstmals eine Zulassung nur als Syndikusrechtsanwalt beantragen, ist gem. § 33 Abs. 3 Nr. 2 BRAO die RAK zuständig, in deren Bezirk sie ihren Kanzleisitz bei dem nichtanwaltlichen Arbeitgeber haben werden. Auf den Wohnort etc. kommt es nicht an.
Wenn sie neu die Zulassung sowohl als Rechtsanwalt als auch als Syndikusrechtsanwalt beantragen, haben sie ein Wahlrecht, wenn die beiden Kanzleisitze als Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt in unterschiedlichen Kanzleibezirken liegen. Wofür man sich entscheidet, hängt z.B. davon ab, welcher Kanzleisitz konstanter ist. Wer z.B. in einer Kanzlei neben seiner Syndikustätigkeit mitarbeitet, für den kann es sich anbieten, den Sitz der Kanzlei zu wählen.
b) Tätigkeit
Frage: Für welche Tätigkeit kann ich die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragen?
Aufgrund der Zulassung für eine bestimmte Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber kann die Zulassung nur für eine gerade ausgeübte Tätigkeit oder für eine zukünftige Tätigkeit (Neuantrag oder Erstreckung, § 46c BRAO) beantragt werden. Eine rückwirkende Zulassung für frühere Tätigkeiten ist nicht möglich, dies ergibt sich schon aus dem Charakter der Zulassung als Statusfeststellung. Hier darf die jetzige Zulassung nicht mit der Möglichkeit einer rückwirkenden Befreiung verwechselt werden.
2. „Zulassungsart“
Frage: Unter welche „Zulassungsart“ fällt eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einer Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft?
Diese Tätigkeit fällt eindeutig unter § 46 Abs. 2 BRAO, denn es handelt sich um einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber, der Gesetzgeber hat sich bewusst dagegen entschieden, diese Tätigkeiten unter § 46 Abs. 1 BRAO zu fassen.
3. Fehlende Tätigkeitsanzeige
Frage: Bisher bin ich als Rechtsanwalt zugelassen, habe aber meine Tätigkeit als Syndikusanwalt der RAK nicht angezeigt. Was muss ich jetzt tun, wenn ich die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragen will?
Sie waren und sind verpflichtet, nach § 56 Abs. 3 Nr. 1 BRAO die Aufnahme eines ständigen Dienst- und Beschäftigungsverhältnisses der RAK anzuzeigen und die entsprechenden Unterlagen (Arbeitsvertrag, kurze Beschreibung der Tätigkeit, unwiderrufliche Freistellungserklärung) beizufügen. Denn die RAK muss prüfen, ob die Tätigkeit als Angestellter (in welcher Form auch immer) mit der Anwaltszulassung vereinbar ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO). Eine Unvereinbarkeit besteht z.B. bei einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst mit hoheitlichem Charakter und bei bestimmten Makler- oder Banktätigkeiten.
Hier wäre eine umgehende Anzeige nach der Aufnahme der Tätigkeit notwendig gewesen. Die Nichtanzeige stellt einen berufsrechtlichen Verstoß dar, so dass es zu der Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens kommen kann. Da sich bereits jetzt zeigt, dass sehr viele Antragsteller Tätigkeiten der Kammer nicht angezeigt haben, müssen die Vorstände der Kammern entscheiden, wie sie mit dem Berufsrechtsverstoß umgehen.
Auf jeden Fall aber ist vor der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt die Vereinbarkeitsprüfung notwendig. Dazu bedarf es nach der Rechtsprechung des Anwaltssenats des BGH etwa weiterhin der unwiderruflichen Freistellungserklärung des Arbeitgebers für die Anwaltstätigkeit nach dem bisherigen Muster, die damit ihre Bedeutung nicht verloren hat.
Kommt es zur Feststellung, dass die Tätigkeit unvereinbar ist, kann es zu einem Widerruf der Anwaltszulassung und in der Folge auch zur Ablehnung des Zulassungsantrags als Syndikusrechtsanwalt kommen. Ist die Tätigkeit vereinbar, kann dann in die Prüfung der besonderen Zulassungsvoraussetzungen nach § 46b BRAO eingestiegen werden.
4. Erforderliche Unterlagen
Frage: Ich bin bereits bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber beschäftigt und möchte nunmehr die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragen. Welche Unterlagen sind für den Zulassungsantrag erforderlich?
Die genauen Voraussetzungen ersieht man aus den Antragsunterlagen der Kammern. Im Wesentlichen sind dies:
- Ursprünglicher Arbeitsvertrag im Original oder beglaubigter Abschrift (das Original kann auch der Kammer beim Antrag vorgelegt oder mitgesandt werden, die Kammern fertigen sich dann eine Kopie an und geben die Originalunterlagen zurück). Da oftmals weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer aus den unterschiedlichsten Gründen (gescannte Personalakte, Verlust etc.) noch einen Originalarbeitsvertrag haben, gibt es auch die Möglichkeit eine Kopie anzufertigen und einen Zusatz anzubringen, bei der beide Vertragsparteien erklären, dass dies der gültige Arbeitsvertrag ist, der der Beschäftigung zugrunde liegt. Damit entsteht ein Originalarbeitsvertrag in der bisherigen Form.
- Vertragliche Ergänzung, dass es sich um eine Syndikustätigkeit handelt und die entsprechende Weisungsfreiheit besteht.
- Gemeinsame Beschreibung der Tätigkeit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Hier muss es sich um eine neue Tätigkeitsbeschreibung (§ 46 Abs. 3 BRAO) handeln, die erkennen lässt, dass es sich um eine Erklärung anhand der neuen Merkmale handelt. Die Einreichung alter Stellen- und Funktionsbeschreibungen in der Auseinandersetzung mit der DRV oder allgemeine Stellenbeschreibungen im Unternehmen sind dafür nicht ausreichend.
5. Vertragliche Ergänzung zum Arbeitsvertrag
Frage: Wie sieht eine vertragliche Ergänzung des bestehenden Arbeitsvertrags aus?
Hier darf auf folgendes Muster verwiesen werden:
Formulierungsbeispiel:
Ergänzung des Arbeitsvertrags vom ( … ) Herr/Frau ( … ) wird bei der ( … )-Gesellschaft in der Organisationseinheit ( … ) als Rechtsanwalt/ Rechtsanwältin „Syndikusrechtsanwalt/Syndikusrechtsanwältin“ i.S.d. § 46 Abs. 2 BRAO beschäftigt. Herr/Frau ( … ) übt seine/ihre Tätigkeit fachlich unabhängig und eigenverantwortlich aus. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung i.S.d. § 46 Abs. 3 BRAO ist vertraglich und tatsächlich gewährleistet. Er/Sie unterliegt keinen allgemeinen oder konkreten Weisungen in fachlichen Angelegenheiten, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Ihm/Ihr gegenüber bestehen keinerlei Vorgaben zur Art und Weise der Bearbeitung und Bewertung bestimmter Rechtsfragen. Herr/Frau ( … ) ist im Rahmen der von ihm/ihr für ( … ) zu erbringenden Rechtsberatung und -vertretung den Pflichten des anwaltlichen Berufsrechts unterworfen.“
Diese Ergänzung ist von dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterschreiben, da sie vertraglichen Charakter haben muss. Auch muss klar werden, wer (Namen) und mit welchem Umfang die Erklärung für den Arbeitgeber abgegeben wird, die Vertretungsbefugnis (Prokura etc.) muss deutlich erkennbar sein.
Hinweis:
Hier gibt es bereits erste Unklarheiten. In den Unternehmen bildet sich heraus, dass die Unterschriften sowohl von der Fachabteilung wie von der Personalabteilung geleistet werden, um die Einheitlichkeit auf Arbeitgeberseite zu gewährleisten und einen entsprechenden Überblick zu behalten.
6. Erklärung des Arbeitgebers
Frage: Muss der Arbeitgeber diese Erklärung abgeben?
Das neue Recht hat zu einem Paradigmenwechsel geführt. Nunmehr hat es der Arbeitgeber in der Hand, zu definieren, wer bei ihm als Syndikusrechtsanwalt beschäftigt ist. Er dürfte bei einem bestehenden Arbeitsvertrag frei sein, diese Erklärung abzugeben, eine Pflicht besteht dazu nicht. Allerdings kann sich ein Anspruch des Arbeitnehmers aus zwei Umständen ergeben:
- Der Arbeitgeber hat bereits in der Vergangenheit eine ausführliche Stellenbeschreibung für die DRV unterzeichnet, die auch den jetzt neuen Merkmale des § 46 Abs. 3 Nr. 1–4 BRAO entspricht. Dann könnte sich eine arbeitsvertragliche Verpflichtung ergeben, auch jetzt diese schon abgegebene frühere Erklärung (wenn sich inhaltlich nichts wesentliches geändert hat) der neuen Form abzugeben, dies ist eine vertragliche Nebenpflicht, hergeleitet aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Einziger streitiger Punkt ist dabei die Frage der fachlichen Weisungsfreiheit i.S.d. § 46 Abs. 3 BRAO, die bisher so nicht vorgesehen war. Hier könnte für den Arbeitgeber eventuell ein Ansatz vorhanden sein, die Erklärung so nicht abzugeben, dabei kommt es aber sehr stark auf die frühere Formulierung an, aus der sich schon eine Weisungsfreiheit ergeben kann.
- Und der Arbeitgeber ist zu einer Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer verpflichtet, er kann bei gleicher Beschäftigung nicht einmal eine Tätigkeitsbeschreibung ausfertigen und einmal nicht.
Bei neuen Arbeitsverträgen kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber eine Syndikusstelle schaffen will oder nicht, hier hat er ein weites Ermessen, es kommt hier in Zukunft sehr auf das Verhandlungsgeschick des Bewerbers an.
7. Anwaltliche Tätigkeit i.S.d. § 46 Abs. 2 BRAO
Frage: Was wird unter einer anwaltlichen Tätigkeit i.S.d. § 46 Abs. 2 BRAO verstanden?
Eine anwaltliche Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt liegt nach § 46 Abs. 3 BRAO vor, wenn das Anstellungsverhältnis fachlich und inhaltlich weisungsfrei sowie eigenverantwortlich ausgeführt wird und durch folgende Merkmale kumulativ geprägt ist:
- Prüfung von Rechtsfragen;
- Erteilung von Rechtsrat;
- die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere das selbstständige Führen von (Vertrags-)Verhandlungen;
- die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.
Diese Tätigkeit kann an ganz unterschiedlichen Stellen im Unternehmen ausgeübt werden. Beispiele hierfür sind:
- Rechtsabteilung;
- Arbeitsrecht in der Personalabteilung;
- eigenverantwortliche Schadensbearbeitung in Versicherungen, z.B. im Bereich der Personengroßschäden oder im Bereich der Vermögensschadenshaftpflicht;
- ausgelagerte Rechtstätigkeiten (Vertragsmanagement, Verwaltungs- und Regulierungsrecht, Kreditrecht etc.);
- Datenschutz und Compliance.
Nur wer als Rechtsanwalt im Unternehmen inhaltlich weisungsfrei ist, ist auch anwaltlich tätig. Jeder Arbeitnehmer, auch der Syndikusrechtsanwalt, ist im Rahmen einer bestimmten Arbeitsorganisation tätig. Daraus folgt das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Nicht entscheidend ist, in welchem Umfang das Direktionsrecht nach § 106 S. 1 GewO ausgeübt wird. Es genügt vielmehr, dass dem Dienstverpflichteten aufgrund der vertraglichen Vereinbarung das Recht zusteht und er nach den tatsächlichen Gegebenheiten die Möglichkeit hat, die Durchführung der Beschäftigung entscheidend zu bestimmen (vgl. ROLFS in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Aufl. 2016, § 7 SGB IV Rn 10). Das Vorliegen der fachlichen und inhaltlichen Weisungsfreiheit setzt ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbstständigkeit voraus. Dies ist insbesondere bei sog. Diensten höherer Art der Fall (z.B. BAG v. 20.7.1994, AP Nr. 73 zu BGB § 611 Abhängigkeit). Bei dieser Art von Dienstleistungen von z.B. Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern etc. weiß der Dienstleistende aufgrund seiner Ausbildung und Fachkenntnisse regelmäßig selbst, auf welche Art und Weise er die Dienstleistung zu erbringen hat. Er muss in der unternehmerischen Entscheidungskette nicht die letzte Verantwortung übernehmen. Er besitzt für seine Tätigkeit jedoch die fachliche Handlungsverantwortung. Ob der Arbeitgeber dem Rat des Syndikusrechtsanwalts folgt, ist letztendlich unabhängig davon zu bewerten und steht einer anwaltlichen Tätigkeit nicht entgegen.
Möglich dürfte es auch sein, diese vertragliche Erklärung beider Seiten unter die (aufschiebende) Bedingung zu stellen, dass eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bestandskräftig erteilt wird. Denn nur dann ist der Arbeitnehmer ja tatsächlich in der Lage und in der Pflicht als Syndikusrechtsanwalt aufzutreten. Man kann durchaus bezweifeln, ob diese Regelung wirklich sinnvoll ist. Für die RAK ist dies sicherlich kein Grund, die Zulassung zu verweigern.
Der Nachweis der Voraussetzungen nach § 46 Abs. 3 BRAO erfolgt durch eine ausführliche Tätigkeitsbeschreibung neben der oben vertraglichen Erklärung, dass die Voraussetzungen tatsächlich und vertraglich vorliegen.
8. Formular für die Tätigkeitsbeschreibung
Frage: Muss die Tätigkeitsbeschreibung auf dem Formular der RAK abgegeben werden oder ist auch ein Fließtext möglich?
Die Tätigkeitsbeschreibung kann sowohl auf dem Formular der Kammer eingereicht werden, aber auch im Fließtext, etwa auf dem Briefbogen des Arbeitgebers (und mit der Unterschrift beider). Dann sollten aber alle Elemente übernommen werden. Sinnvoll ist es dabei, die Beschreibung neben einem Vorspann auch nach den vier Merkmalen zu gliedern, dies erleichtert die Prüfung, ob die Merkmale erfüllt sind.
Es kommt dabei nur auf die im Zeitpunkt der Antragstellung ausgeübte Tätigkeit an, eine Darstellung der „Erwerbsbiographie“ im Unternehmen ist nicht erforderlich und auch nicht sinnvoll. Auch von der Formulierung „ist bei uns seit dem 1.1.2005 als Syndikusrechtsanwalt tätig“ sollte abgesehen werden, denn 2005 gab es noch keinen „Syndikusrechtsanwalt“, den gibt es erst seit dem 1.1.2016.
Die Abgrenzung zwischen Nr. 1 und Nr. 2 des § 46 Abs. 3 BRAO ist durchaus schwierig, aber, wie man den ersten Tätigkeitsbeschreibungen entnehmen kann, doch möglich. Auch ist klar, dass eigentlich die Bezeichnung „Syndikusrechtsanwalt“ im Zeitpunkt der Erstellung der Tätigkeitsbeschreibung noch unzutreffend ist, da ja noch keine Zulassung besteht. Dieses Problem ist aber keines, da ja auch ein Assessor in einer Kanzlei als Rechtsanwalt nach dem Arbeitsvertrag bezeichnet wird, auch wenn er noch keine Zulassung hat. Aber das Gesetz verlangt diese Bezeichnung, um die ausgeübte Tätigkeit zu beschreiben.
Hier der Versuch eines Musters für eine Tätigkeitsbeschreibung:
Formulierungsbeispiel für eine Tätigkeitsbeschreibung:
Im Rahmen der berufsspezifischen Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt von Herrn/Frau ( … ) berät er/sie sämtliche Konzernunternehmen sowie die Geschäftsbereiche der ( … ) [z.B. GmbH/AG] in allen Rechtsfragen.
Prüfung von Rechtsfragen – § 46 Abs. 3 Nr. 1 BRAO
Herr/Frau ( … ) analysiert unabhängig konkret an ihn/sie von den Geschäftsbereichen bzw. den Konzernunternehmen angetragenen Rechtsfragen, wozu das Aufklären des Sachverhaltes sowie das Bilden eines fachlich unabhängigen Urteils unter Berücksichtigung des spezifischen betrieblichen Hintergrundes gehören. Er/Sie erstellt selbstständig im Rahmen dessen Gutachten sowie rechtliche Expertisen, wozu auch die Analyse von Verträgen [z.B. Unternehmenskaufverträgen etc.] gehört.
Erteilung von Rechtsrat – § 46 Abs. 3 Nr. 2 BRAO
Herr/Frau ( … ) erteilt fachlich unabhängig und eigenverantwortlich Rechtsrat. Zu seinen/ihren Aufgaben gehören insbesondere die schriftliche und mündliche rechtliche Beratung und Unterstützung der Geschäftsbereichsverantwortlichen/Projektleitungen/Mitarbeitern bei der Umsetzung rechtlicher Vorgaben im Allgemeinen sowie in Einzelfällen. Dies schließt das unabhängige Bewerten und die schriftliche/ mündliche Darstellung von Lösungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des spezifischen betrieblichen Hintergrundes mit ein.
Gestaltung von Rechtsverhältnissen – § 46 Abs. 3 Nr. 3 BRAO
Zu den Aufgaben von Herrn/Frau ( … ) gehört auch die eigenständige Vertragserstellung [z.B. Arbeitsvertragsmuster, Betriebsvereinbarungen etc.] und -verhandlung sowie die Kontrolle und Anpassung bestehender Verträge/Allgemeiner Geschäftsbedingungen/Richtlinien nach vorhergehender ausführlicher Analyse der Rechtslage unabhängig und eigenverantwortlich.
„nach außen verantwortlich aufzutreten“ – § 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO
Herr/Frau ( … ) vertritt mit eigener Entscheidungskompetenz die Interessen der von ihm/ihr anwaltlich beratenen Konzernbereiche bzw. Geschäftsbereiche auch nach außen. Hierzu gehört insbesondere das Führen der Korrespondenz mit Behörden, Gerichten sowie das Führen von Vertrags- und Einigungsverhandlungen mit Vertrags- und Geschäftspartnern. Ihm/Ihr obliegt die fachliche Entscheidungsfreiheit zur Einleitung von Rechtsbehelfsverfahren, Klageverfahren sowie zum Erzielen von Vergleichen. Dazu gehört auch die ggf. erforderliche Mandatierung, Steuerung und Begleitung externer Rechtsanwälte in Angelegenheiten bzw. Verfahren, in denen aufgrund gesetzlicher Vorgaben eine Vertretung durch eine/n Syndikusrechtsanwältin/Syndikusrechtsanwalt berufsrechtlich nicht zulässig ist oder allein aufgrund eigener interner Ressourcen nicht erfolgen kann.
Gegebenenfalls ergänzen soweit zutreffend:
Herr/Frau ( … ) ist Prokurist/ Prokuristin/Handlungsbevollmächtigte/r. Er/Sie ist maßgeblich an internen Entscheidungsprozessen, z.B. im Rahmen von Projektarbeiten mit eigener Entscheidungskompetenz beteiligt. Im Rahmen ihrer/seiner Tätigkeit bildet Herr/Frau ( … ) Rechtsreferendare in der Anwalts-/Wahlstation aus. Im Rahmen von externen Fach- und Weiterbildungsmaßnahmen bzw. Seminaren/Kongressen tritt Herr/Frau ( … ) als fachkundige Referentin/Referent auf. Auch die Durchführung von Schulungen von internen Entscheidungsträgern und Mitarbeitern über aktuelle Rechtsentwicklungen, Gesetzesänderungen und Gerichtsentscheidungen sind Inhalt der anwaltlichen Tätigkeit.
Unterschrift Arbeitgebervertreter Unterschrift Rechtsanwalt
9. Anforderungen an die Tätigkeitsbeschreibung
Frage:
Muss die Tätigkeitsbeschreibung für jeden Syndikus unterschiedlich sein, auch wenn mehrere Kollegen in einer Abteilung die gleiche Tätigkeit ausüben?
Es ist nicht erforderlich, dass die Tätigkeitsbeschreibung bei gleichen Tätigkeiten von Syndikusrechtsanwälten in einer Abteilung oder in einem Unternehmen unterschiedlich formuliert ist, denn es gibt ja – wie in einer Anwaltskanzlei – tatsächlich gleiche Tätigkeiten. Auch die Angabe von Rechtsgebieten ist nicht zwingend erforderlich, sondern nur die abstrakte Beschreibung der Tätigkeit. Dies kann auch für die Zukunft wichtig sein, wenn der Arbeitgeber neue Mitarbeiter einstellen will und diese wissen möchten, ob Zulassungsanträge erfolgreich waren. Zu beachten ist auch, dass wenn die Tätigkeitsbeschreibung zu dezidiert ist, es später Abgrenzungsfragen bei einem Tätigkeitswechsel (§ 46b BRAO) geben kann.
10. Weitere, andere Aufgaben
Frage:
Was ist mit organisatorischen Tätigkeiten und Führungsaufgaben, die zu meiner Tätigkeit dazu gehören?
Diese Tätigkeiten zählen mit zu den vier Merkmalen der anwaltlichen Tätigkeiten, wenn sie einen direkten Bezug zu dieser Tätigkeit haben. Wer eine Rechtsabteilung leitet, zu dessen Aufgaben gehören auch die Personalverantwortung und die Führung der Abteilung. Dies ist der Tätigkeit immanent. Hier hilft der Vergleich mit der Tätigkeit in einer Kanzlei. Bisher ist niemand auf die Idee gekommen, einem Sozius einer Kanzlei die Anwaltstätigkeit abzusprechen, weil er seinen Kanzleibetrieb organisieren muss.
Frage:
Ich habe neben meiner Syndikustätigkeit noch andere Aufgaben im Unternehmen. Wie ist dies zu bewerten?
Zunächst dürften diese Aufgaben nach meiner Auffassung nicht mehr als 50 % der gesamten Tätigkeit für den Arbeitgeber betragen. Wer also auch noch für das Controlling verantwortlich ist, für den muss dies eine untergeordnete Tätigkeit sein. Hier wird es sicher Auseinandersetzungen geben. Die Syndikustätigkeit muss für das Arbeitsverhältnis daher prägend sein und daher kann man die 50 %-Grenze, die sich in der tarifrechtlichen Rechtsprechung entwickelt hat, sehr gut als Abgrenzung auch für diese Fälle nutzen.
11. Ablauf des Zulassungsverfahren
Frage:
In welchen Schritten läuft das Zulassungsverfahren ab?
Die zuständige RAK prüft den Antrag zunächst auf Vollständigkeit und fragt notfalls bei dem Antragsteller nach. Anschließend prüft sie die inhaltlichen Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 BRAO.
Liegen die Voraussetzungen nicht vor, so kann die Kammer Ergänzungen verlangen oder den Antrag auf Zulassung durch Verwaltungsakt ablehnen. Dagegen kann der Antragsteller Klage zum Anwaltsgerichtshof erheben. Die DRV wird an diesem Verfahren nicht beteiligt, sie hat auch kein Recht darauf, eine entsprechende Information der RAK zu erhalten. Hier muss sie sich an ihr Mitglied halten, wenn sie den Sachstand erfahren möchte.
Kommt die RAK zu einem positiven Ergebnis, so muss sie gem. § 46a Abs. 2 BRAO die DRV anhören. Dies geschieht mit der Übersendung von Votum, Arbeitsvertrag, Tätigkeitsbeschreibung und evtl. weiteren Unterlagen wie Vollmachten. Weitere persönliche Daten zum Antragsteller werden nicht weitergegeben. Die RAK setzt der DRV eine Frist zur Stellungnahme (i.d.R. drei Wochen). Nach Ablauf der Frist mit oder ohne Stellungnahme wird die RAK über den Antrag entscheiden.
Gibt die Stellungnahme der DRV keinen Anlass zu einer Änderung des Votums, wird die RAK einen positiven Zulassungsbescheid in der Form eines Verwaltungsakts erteilen. Dieser Bescheid ist dem Antragsteller und der DRV zuzustellen.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann sich nur die DRV mit einer Klage zum Anwaltsgerichtshof (§ 46a Abs. 2 BRAO) wehren, da nur sie beschwert ist, da sie an die Zulassungsentscheidung der RAK für die Befreiung nach § 6 SGB VI gebunden ist.
Kommt es nach Ablauf der einmonatigen Zulassungsfrist zu keiner Klage, erfolgt die Zulassung durch Aushändigung der Zulassungsurkunde an den Antragsteller, entweder im Rahmen der ersten Vereidigung (§ 12a BRAO) oder bei bestehender Zulassung durch Übersendung der Urkunde.
Kommt es zu einem Klageverfahren ergibt sich an dessen Ende (II. Instanz Anwaltssenat des BGH), wie es weitergeht. Entweder kommt es zu einer Zulassung oder nicht. In welchen Fällen, die DRV klagen wird, ist noch nicht abzusehen. Es ist zu hoffen, dass sich die DRV (s. dazu HUFF BB 2016, Editorial H. 4/2016, S. I), dass es nicht zur gleichen Ablehnungspraxis wie in der Vergangenheit kommt (s. dazu kritisch HUFF BRAKMitt. 2013, 215 und HUFF ZAP F. 23, S. 993 ff.), sondern eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Merkmalen und der konkreten Tätigkeit kommt.
12. Führung der Berufsbezeichnung „Syndikusrechtsanwalt“
Frage:
Wann darf ich mich Syndikusrechtsanwalt nennen?
Da es sich um eine geschützte Berufsbezeichnung handelt, darf diese erst mit Aushändigung der Zulassungsurkunde geführt werden.
Frage:
Sind daneben noch andere Bezeichnungen wie Syndikus oder Syndikusanwalt zulässig?
Nein, da es sich um eine geschützte Berufsbezeichnung handelt, darf diese nur führen, wer eine entsprechende Zulassung hat und dann auch nur in der entsprechenden genauen Bezeichnung. Wer keine Zulassung hat, darf sich insbesondere aus wettbewerbsrechtlichen Gründen der Verwechselungsgefahr nicht mit ähnlichen Bezeichnungen schmücken. Dies gilt auch für Rechtsanwälte im Unternehmen, die bisher die Bezeichnungen Syndikus/Syndikusanwalt geführt haben, wenn sie keine Zulassung beantragen bzw. erhalten.
13. Geschäftspapier
Frage:
Darf ich mich weiterhin im Geschäftsverkehr (Briefbogen/E-Mail-Verkehr) meines Arbeitgebers als Rechtsanwalt bezeichnen, auch wenn ich keine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantrage?
Hier gibt es unterschiedliche Auffassungen. Der Vorstand der RAK Köln hat etwa entschieden, dass hier der Rechtsanwalt Bestandsschutz genießt, wenn die Kammer die Tätigkeit kennt und für vereinbar erklärt hat. Dies ist auch richtig. Denn es ist eine wahre Tatsachenangabe, dass man Rechtsanwalt ist und mit dieser Berufszeichnung darf man auch nach außen auftreten. Ich kann hier keinen berufsrechtlichen Verstoß erkennen. Zudem dürfen wohl auch der Titel Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt nebeneinander geführt werden, auch wenn dies nicht besonders schön aussieht.
14. Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit im Unternehmen
Frage:
Muss ich eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragen, wenn ich eine anwaltliche Tätigkeit im Unternehmen ausübe?
Hier ist zu unterscheiden: Wird die Tätigkeit bereits ausgeübt, dann sind die meisten Anwaltskammern der Auffassung, dass dann, wenn nicht die besonderen Rechte aus dem neuen § 46c BRAO in Anspruch genommen werden sollen, keine Zulassung erforderlich ist.
In Zukunft kann man bei der Neuaufnahme einer Tätigkeit dies durchaus anders sehen. Hier dürfte es sich aber im Wesentlichen um ein Übergangsproblem handeln. Es ist schon jetzt zu bemerken, dass die Arbeitgeber beginnen zu trennen: Will ich einen Syndikusrechtsanwalt einstellen oder nur einen Volljuristen. Und der Arbeitgeber kann natürlich darüber entscheiden, ob der Volljurist, der auch nebenher Anwalt ist (und über eine unwiderrufliche Freistellungserklärung verfügt) den Anwaltstitel geschäftlich verwenden darf. Dies wird wohl eher nicht der Fall sein.
Frage:
Kann der Syndikusrechtsanwalt Fachanwalt werden?
In Zukunft kann der Syndikusrechtsanwalt, da er Rechtsanwalt im Sinne der BRAO ist, auch mit den Fällen die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung verlangen, die er i.S.d. § 5 FAO persönlich und weisungsfrei bearbeitet hat, wenn die anderen Voraussetzungen für die Verleihung vorliegen. Auch eine Kombination aus anwaltlicher und Syndikustätigkeit dürfte möglich sein. Die Rechtsprechung des BGH, dass der Syndikusanwalt nach altem Recht auch Fälle in eigener Praxis bearbeitet haben muss, dürfte nach dem neuen Recht hinfällig sein. Schon in der Vergangenheit waren Rechtsanwaltskammern nach dem klaren Wortlaut des § 5 FAO der Ansicht des BGH nicht gefolgt. Schwierig dürften nur die forensischen Fälle werden, hier ergibt sich vielleicht Anpassungsbedarf der FAO, etwa in der Hinsicht, dass auch die verantwortliche Begleitung von Gerichtsverfahren und Führung der externen Anwälte als Vertreter des Mandanten anerkannt werden könnte. Damit muss sich dann, wenn hier Bedarf besteht, die neu gewählte Satzungsversammlung befassen.
Befreiungsrecht
Von dem Zulassungsverfahren deutlich zu unterscheiden sind die sozialrechtlichen Fragen des Befreiungsrechts. Sie sind gerade in der Übergangszeit komplex. Geregelt sind sie insbesondere in § 231 Abs. 4a–4d SGB VI.
1. Anwaltszulassung und Befreiungsbescheid
Frage:
Ich verfüge über eine Anwaltszulassung, die Kammer kennt die Tätigkeit und ich verfüge auch über einen gültigen Befreiungsbescheid von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für diese Tätigkeit. Muss ich etwas unternehmen?
Sie müssen nichts unternehmen. Erst bei einem wesentlichen Tätigkeitswechsel bei dem gleichen Arbeitgeber oder bei einem Arbeitgeberwechsel verliert die Befreiung ihre Wirkung nach den Urteilen des BSG vom 31.10.2012 und es muss dann ein neuer Befreiungsantrag gestellt werden, der dann i.d.R. eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfordert. Wer das 58. Lebensjahr am 31.12.2014 vollendet hatte und wirksam von der Versicherungspflicht befreit worden war, der muss, wenn er weiterhin rechtsberatend tätig ist, auch dann keinen neuen Antrag stellen.
Frage:
Ich befinde mich in der Auseinandersetzung mit der DRV über meine Befreiung entweder im Verwaltungsverfahren oder im Gerichtsverfahren. Das Verfahren ruht, was muss ich unternehmen?
Sie kommen nicht darum herum, wenn Sie Ihre Befreiung erhalten wollen, eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu beantragen und zwar (s.o. III. 1. b) für die zurzeit ausgeübte Tätigkeit. Wird diese Zulassung bestandskräftig erteilt, dann kommen die Rückwirkungsregelungen (s.u. IV. 2.) zum Zug. Wer eine Rückwirkung in Anspruch nehmen will, der muss (§ 231 Abs. 4b SGB VI) einen Zulassungsantrag bis zum 1.4.2016 bei der RAK gestellt haben.
Bei den ruhenden Verfahren, egal in welchem Stadium, bietet es sich an, die Behörde/das Gericht über die fristgerechte Antragstellung bei der RAK zu informieren und klarzustellen, dass ein weiteres Ruhen des Verfahrens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung sinnvoll ist. Dies ist auch aufgrund der ersten Nachfragen der Sozialgerichte nach dem Fortgang der Verfahren notwendig.
Die DRV hat auch angekündigt, von sich aus keine Verfahren aufzugreifen, wenn ein Zulassungsantrag gestellt ist.
Frage:
Ich bin von meinem Arbeitgeber zum 1.1.2015 zur DRV angemeldet worden, weil der Arbeitgeber der Auffassung war, dass ich über keinen gültigen Befreiungsbescheid mehr verfüge. Was muss ich tun?
Hier sind drei Fälle zu unterscheiden.
a) Kein Befreiungs- oder Fortgeltungsantrag gestellt
Hatten Sie bei einem Wechsel des Arbeitgebers keinen neuen Antrag auf Befreiung gestellt und können Sie auf ihre Person bezogen keine konkreten Vertrauensschutzgründe vortragen, müssen Sie ebenfalls eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragen. Denn nur dann können Sie bei einer positiven Entscheidung wieder von der DRV in das Versorgungswerk wechseln und den Zustand vor dem 1.1.2015 (bis dahin Zahlung in das Versorgungswerk) wieder herstellen.
b) Vertrauensschutz
Wenn Sie meinen, für die konkret noch ausgeübte Tätigkeit trotz fehlendem Befreiungsbescheids Vertrauensschutz zu genießen, etwa weil eine konkrete Prüfung ihres Falls in der Betriebsprüfung der DRV stattgefunden hat oder andere konkrete Dokumente vorliegen, können Sie zwar auch eine Syndikuszulassung beantragen, müssen dies aber nicht, sondern sollte die Vertrauensschutzfragen jetzt rasch endgültig mit der DRV oder im Gerichtsverfahren klären. Die DRV hat angekündigt, klare Fälle jetzt rasch zu entscheiden.
c) Gestellter Befreiungs- bzw. Fortgeltungsantrag
Haben Sie nach der Ummeldung durch die DRV einen entsprechenden Antrag gestellt, so ist kein neuer Antrag erforderlich, da es ja ein laufendes Verwaltungsverfahren gibt. Hier sollte die DRV nur entsprechend über den gestellten Zulassungsantrag informiert werden.
2. Antragsformulare der DRV
Frage:
Die DRV hat verschiedene Anträge im Internet veröffentlicht. Welche Anträge muss ich wann stellen?
Zunächst eines vorweg: Sie sind nicht verpflichtet, die Antragsformulare der DRV zu nutzen, es gibt hier keinen gesetzlichen Zwang, die entsprechenden Anträge können auch formlos gestellt werden. Wer sich unsicher ist, sollte sein Anliegen der DRV einfach vortragen, die DRV hat auch eine Beratungspflicht. § 231 Abs. 4b SGB VI sieht verschiedene Fallgestaltungen vor:
Wer bereits einen Antrag auf Befreiung nach § 6 SGB VI für die noch ausgeübte Tätigkeit – egal ob im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren – gestellt hat, der hat einen Antrag gestellt. Ein neuer rückwirkender Antrag ist m.E. nicht erforderlich, denn das Verfahren läuft ja. Genauso wenig muss in diesen Fällen ein neuer Antrag gestellt werden.
Auch wenn mehrere Tätigkeiten im Streit sind, gilt das gleiche. Man sollte hier die DRV (s.o. IV. 1.) nur über den fristgerecht (1.4.2016) gestellten Zulassungsantrag informieren und klarstellen, dass damit alle Möglichkeiten der Rückwirkung in Anspruch genommen werden. Die DRV muss sich hier melden, wenn sie dies anders sehen sollte, was aber nach Diskussionen mit der Behörde nicht zu erwarten ist.
Nur dann, wenn ein Antrag bisher für bestimmte Tätigkeiten nicht gestellt ist, muss ein rückwirkender Antrag gestellt werden, dies ist z.B. der Fall, wenn im Jahr 2015 bei der Aufnahme einer anwaltlichen Tätigkeit im Unternehmen aufgrund des bekannten Gesetzgebungsverfahrens gar keine Befreiungsantrag mehr trotz Anwaltszulassung gestellt wurde, jetzt aber ein Zulassungsantrag gestellt wird. Denn dann ist die eigentliche rückwirkende Antragsfrist des § 6 Abs. 4 SGB VI bereits abgelaufen und ich muss die Rückwirkung aus § 231 Abs. 4b SGB VI in Anspruch nehmen.
3. Änderung der Ausgangssituation
Frage:
Was geschieht mit meinem offenen Verfahren auf Befreiung aus einer früheren Tätigkeit? Ich kann keinen Antrag auf Syndikuszulassung mehr stellen, weil ich nicht mehr bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber beschäftigt bin, z.B. in eine Kanzlei oder ins Ausland gewechselt habe.
Grundsätzlich ist dann nach den gesetzlichen Regelungen keine Befreiung mehr rückwirkend möglich, da kein Tatbestand des § 231 Abs. 4b SGB VI vorliegt. Der Antrag oder die Klage müsste also zurückgenommen werden. Hier hat der Gesetzgeber sich bewusst gegen weiterreichende Übergangsvorschriften ausgesprochen.
Einzige Hoffnung sind gegenwärtig noch die laufenden Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen die Urteile des BSG vom 3.4.2014. Hier könnte sich noch etwas ändern. Daher sollten die Verfahren weiterhin ruhen bis Klarheit besteht.
4. Antrag auf Rückzahlung, § 286f SGB VI
Frage:
Wann muss ich den veröffentlichten Antrag auf Rückzahlung nach § 286f SGB VI stellen?
Diesen Antrag können sie erst nach einer bestandskräftigen Zulassungsentscheidung und dem dann folgenden Befreiungsbescheid der DRV stellen, vorher geht dies nicht.
Es werden sich bestimmt noch weitere Fragen im Rahmen der Neuregelung des Syndikusrechts ergeben.