Endlich findet sich der Compliance Manager als eigene Kategorie in internationalen Jobbörsen wieder. Glückwünsch! Kaum ein anderes Berufsbild hat in den vergangenen Jahren so eine enorme Popularität erfahren. Jedoch driften die Vorstellungen zur Aufgabenstellung des Compliance Managers mehr und mehr auseinander. Ist er nur präventiver Berater oder nimmt er darüberhinaus auch juristische Funktionen oder gar Revisions-Aufgaben im Unternehmen wahr?
Soweit die rechtliche Lage
Zunächst einmal bleibt festzuhalten: „Die Einhaltung des Legalitätsprinzips und demgemäß die Einrichtung eines funktionierenden Compliance-System gehört zur Gesamtverantwortung des Vorstands.“ Obschon der BGH die Auffassung vertritt, dass der Compliance Manager aufgrund seiner Garantenstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB („Maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung ist … die tatsächliche Übernahme des Pflichtenkreises“ ) verpflichtet sei, die aus dem Unternehmen herausgegangene Straftaten abzuwenden. Gemäß BGH tritt die Garantenstellung ein, sobald der Compliance Manager „auch vom Unternehmen ausgehende Rechtsverstöße zu beanstanden und zu unterbinden hat.“ Sofern Straftaten von Unternehmensangehörigen („Mitarbeiterstraftaten“) nicht verhindert werden, können sich Compliance Manager mit Garantenstellung wegen Unterlassens strafbar machen.
Obwohl sie nach § 611 BGB aus ihrem Dienstverhältnis auch eine Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber haben. Maßgeblich ist somit die konkrete Ausgestaltung des Tätigkeitsfeldes des Compliance Managers, da ihm keine strafrechtliche Garantenstellung zuteil wird, vorausgesetzt dass seine Aufgabe ausschließlich darin besteht „die unternehmensinternen Prozesse zu optimieren und gegen das Unternehmen gerichtete Pflichtverstöße aufzudecken und zukünftig zu verhindern.“ Die Unternehmensleitung sollte somit dem Compliance Manager zusichern, dass er keine Benachteiligung durch die ordnungsgemäße Ausführung seiner Aufgaben erfährt.
Lasst es sein
Die Empfehlung an alle Compliance Manager lautet daher: Besinnt Euch auf Eure Wurzeln und lasst Euch keine Garantenstellung zuschreiben. Im Besonderen nehmt nicht Aufgaben der Juristen und der internen Revision Eures Unternehmens wahr. Zum einen gilt es für Euch, die Compliance-Anforderungen des Unternehmens zu identifizieren, diese in die Geschäftsprozesse und die Mitarbeiterköpfe zu transferieren. Zum anderen müsst Ihr das Compliance-Management-System kontinuierlich optimieren. Im Mittelpunkt Eurer Tätigkeit liegt somit der präventive beratende Aspekt unter Zuhilfenahme der Juristen, um nationales Recht leicht verständlich den „Nicht-Juristen“ im Unternehmen zu erklären.
Fragen Sie doch einmal konkret Ihre Vertrieb- und Marketingteams, ob diese noch den Durchblick haben und die nationalen Vorschriften sowie den Regelungsdschungel der einzelnen Verhaltenskodizes verstehen. Schreiben Sie leicht verständliche Organisationsrichtlinien und bauen Sie Checklisten-Systeme, die prägnant die für Ihr Unternehmen betreffenden Regeln beschreiben und vor allem erklären. Holen Sie Ihre Kollegen auf den Wissensständen ab, auf denen diese stehen oder noch viel besser: erarbeiten Sie gemeinsam als Team die Antworten auf folgende zentrale Fragen für Unternehmen im Pharma- und Medizinproduktesektor:
• Definition „Angehöriger der Fachkreise“ und „Amtsträger“: Alles in einen Topf oder doch Einzelbetrachtung?
• § 7 HWG: Welche Zuwendungen sind zulässig und welche unzulässig?
• Existieren einheitliche Regelung bei der Abgabe von Produkten zur Bemusterung und Erprobung?
• Welche Auswirkungen hat der § 128 SGB V auf die Geschäftsprozesse?
• Was sind zulässige und unzulässige Rabattgewährung beim Produkthandel?
Seien Sie sich darüber im Klaren, dass Sie in den Fachbereichen Ihres Unternehmens mit Experten und ihren Spezialthemen in Kontakt treten. Seien Sie kollegial und schaffen Sie Vertrauen. Vermitteln Sie dabei deutlich ihre Rolle als Berater und Kollege, nicht als Aufpasser oder Kontrolleur. Sie werden feststellen, dass Sie bessere Ergebnisse erzielen, wenn Sie sich auf das Wesentliche Ihrer Beratungsfunktion besinnen, denn weniger ist oftmals doch mehr!
1 LG München I 5. Kammer für Handelssachen, Urteil v. 10.12.2013, 5 HKO 1387/10.
2 BGH 5 StR 394/08, Urteil v. 17.07.2009 (LG Berlin)
3 BGH 5 StR 394/08, Urteil v. 17.07.2009 (LG Berlin)
4 BGH 5 StR 394/08, Urteil v. 17.07.2009 (LG Berlin)
5 BGH 5 StR 394/08, Urteil v. 17.07.2009 (LG Berlin)
6 Daum, in: Bay/Hastenrath (Hrsg.), Compliance-Management-Systeme, 2014, Kap. 3 Rn. 38.