Wie Sie Compliance-Fallen im Ruhestand vermeiden

Karriere

Sind Sie Geschäftsführer oder Vorstand und haben das Compliance-Thema durchaus fest im Griff? Haben Sie trotzdem größte Bedenken mit Blick auf Ihr Ausscheiden, dass ein Nachfolger keinen Stein auf dem anderen lässt und sich schließlich damit profiliert, Ihnen zukünftige Rechtsverstöße „in die Schuhe zu schieben“? Fürchten Sie die Inanspruchnahme nach Ihrem Ausscheiden? Dann sollten Sie in Ihrer Arbeit einige Aspekte berücksichtigen, die diese Risiken helfen zu minimieren:

Sorgen Sie für eine angemessene Dokumentation und Information auch Ihrer Aufsichtsorgane

Wichtig ist natürlich zunächst, dass Sie Ihre Pflichten als Geschäftsleiter kennen, eine laufende sorgfältige Risikoanalyse betreffend alle Compliance-Gesichtspunkte durchführen, Strukturen schaffen, die diesen Risiken angemessen begegnen und eine Unternehmenskultur schaffen und leben, die die Einhaltung der Rechtsvorschriften in Ihrem Unternehmen sicherstellt. Die hierfür geltenden Standards und Gestaltungsoptionen sind in den letzten Jahren umfänglich diskutiert worden und Gegenstand zahlreicher Beratungen und Veröffentlichungen. Bei der sorgfältigen Abarbeitung der einzelnen Schritte von der Analyse über das Modelling und die Implementierung bis hin zur Evaluation und Optimierung haben Sie dann auch das Wesentliche nicht aus den Augen verloren und ein angemessenes und im Ergebnis auch funktionierendes CMS implementiert.

Einen weiteren wichtigen Schritt für Ihre Seelenruhe nach dem Ausscheiden müssen Sie aber auch noch tun: Sorgen Sie für eine angemessene Dokumentation und Information auch Ihrer Aufsichtsorgane, insbesondere also der Gesellschafterversammlung, des Aufsichtsrates und/oder der Hauptversammlung. Mit solcher Dokumentation und Information über die von Ihnen getroffenen Maßnahmen zur Erfüllung Ihrer Geschäftsleiterpflichten und deren Zweckhaftigkeit und Wirksamkeit schaffen Sie Exkulpationsmaterial gegen Inanspruchnahmen nach Ihrem Ausscheiden und zugleich hohe Hürden für eine solche Inanspruchnahme.

Risikoanalysen: Lassen Sie sich helfen

Des Weiteren kann es gerade auch unter dem Stichwort Dokumentation sehr hilfreich sein, bei der Durchführung des vorgenannten laufenden Prozesses an geeigneter Stelle auch auf externe Hilfe zurückzugreifen und aus solcher Beratung beziehungsweise Dienstleistung heraus eine umfassende oder mindestens ausreichende Dokumentation insbesondere etwa zu Fragen der Risikoanalyse oder auch zur Angemessenheit bestimmter Strukturen sicherzustellen. Auch Schulungen und andere Umsetzungsfragen werden richtigerweise häufig extern vergeben, um so zum einen die Qualität der Maßnahme und zum anderen auch die Unabdingbarkeit und objektive Relevanz der Themen darzustellen. So ist es ja zum Beispiel im Bereich der Competition Compliance auch nicht Ihre Aufgabe als Geschäftsleiter, jedwede Frage zu gängigen Verhaltensstandards und den genauen Grenzen des Zulässigen selbst zu beantworten, sondern es kann auf Fachleute und die entsprechenden Mitarbeiter im Unternehmen und geeignete Schulungsunterlagen beziehungsweise Verhaltenskodizes verwiesen werden.

Angemessener Versicherungsschutz und Compliance-Audit zum Abschied

Daneben sorgt natürlich auch Ihr angemessener Versicherungsschutz für ruhigen Schlaf: Achten Sie darauf, dass die zu Ihren Gunsten abgeschlossene Versicherungspolice Sie auch noch nach Ihrem Ausscheiden schützt und nicht zum Beispiel nach dem Claims-made-Prinzip arbeitet und der Vertrag mit Ihrem Ausscheiden gekündigt wird.

Und wenn es das Budget des Unternehmens zulässt und erforderlichenfalls Ihre Aufsichtsorgane dieser Maßnahme zustimmen, die womöglich auch in unternehmerischen Zusammenhängen gerade angezeigt oder erforderlich ist, dann sollten Sie es anstreben, die Ergebnisse Ihrer Compliance-Arbeit noch so kurzfristig wie möglich vor Ihrem Ausscheiden im Rahmen eines Compliance-Audits oder Audits Ihres CMS zu evaluieren und damit dann auch das Erreichte zu dokumentieren. Soweit relevant, kann dieser Audit auch eine rechtliche Begutachtung bekannter Compliance-Verstöße und/oder abgeschlossener oder laufender Verfahren beinhalten. Lassen Sie sich bescheinigen, dass die von Ihnen geschaffenen Strukturen und die Unternehmenskultur geeignet sind, Compliance-Verstöße nachhaltig zu vermeiden. Nicht entscheidend ist, dass nun wirklich keinerlei Verstöße mehr entdeckt werden (können).

Entlastung gerade auch mit Blick auf Compliance-Thema betreiben

Schließlich sollten Sie die Frage Ihrer Entlastung ebenfalls noch vor Ihrem Ausscheiden stellen bzw. die Entlastung gerade auch mit Blick auf das Compliance-Thema betreiben: Ihre Entlastung durch Ihr Aufsichtsorgan schließt eine spätere Inanspruchnahme zwar nicht generell aus. Zumindest in der GmbH ergibt sich aber eine gewisse Präklusionswirkung, da die Gesellschaft mit Ansprüchen ausgeschlossen wird, die für das entlastende Organ aufgrund der Rechenschaftslegung samt aller zugänglich gemachter Unterlagen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar waren oder hinsichtlich der positive Kenntnis bestand. Je besser also evaluiert, dokumentiert und informiert wurde, desto weiter kann der Präklusionseffekt der Entlastung wirken.

Im Ergebnis können Sie also durchaus einiges tun, um das Risiko einer nachträglichen Inanspruchnahme aus einem Organisationsverschulden noch im Rahmen Ihrer laufenden Geschäftsleitertätigkeit auszuschließen. Späterer Streit muss nicht sein. Sorgen Sie während Ihrer laufenden Geschäftsleitertätigkeit vor.

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