Dos and Don'ts bei Produktrückrufen

Acht Tipps

#1 Bauen Sie weit vor dem Produktrückruf ein unternehmensinternes Rückruf-Management auf!

Produktrückrufe sind Krisensituationen. In der Krise jedoch noch improvisieren zu müssen, ist doppelt gefährlich. Ein präventives Rückruf-Management kann dafür sorgen, dass bestimmte Abläufe selbst in der krisenhaften Situation routiniert, weil standardisiert ablaufen. Dies wird beispielsweise vorherige Kontakte mit Kommunikationsagenturen, spezialisierten Anwälten oder Logistikunternehmen betreffen.

#2 Stellen Sie ein funktionelles Rückruf-Team zusammen!

Dabei geht es nicht um Personen und deren Namen, sondern um Abteilungen und deren Zuständigkeiten. Denken Sie vorher darüber nach, welche Leitungsfunktionen aus Vertrieb, Einkauf, Recht, IT, QS, Kundendienst, Kommunikation/Marketing ihren Anteil am Erfolg eines Rückrufs haben werden. Vergessen Sie einen etwaigen eCommerce nicht.

#3 Seien Sie auf ein Vertriebsstopp vorbereitet!

Stellt sich heraus, dass das als unsicher enttarnte Produkt seriell auch derzeit noch weiter vertrieben wird, muss natürlich dieser weitere Vertrieb sofort gestoppt werden. Denn es ist strafrechtlich hochkritisch und kaufmännisch wenig sinnvoll, sehenden Auges unsichere Produkte weiter in das Feld zu pumpen. Ein solcher Vertriebsstopp muss auch die verschiedenen Handelsstufen, Konsignationslager und Ersatzteillogistik betreffen.

#4 Priorisieren Sie die technische Ursachenaufklärung!

Ein vernünftiger Produktrückruf kann nur funktionieren, wenn man sein eigenes Problem im Detail verstanden hat. Denn nur dies garantiert zum einen, dass nicht – im späteren Verlauf – auf einmal andere Produkttypen und -gattungen, Fertigungszeiträume oder OEM-Ware vom gleichen Problem „infiziert“ sind. Ohne eine klare technische Ursachenaufklärung kann im Übrigen auch operativ keine stabile Lösung angeboten werden, die den Kunden überzeugt. Deshalb ist die Root Cause-Analyse entscheidend.

#5 Bereiten Sie Ihre EDV auf einen Rückruf vor!

Viele IT-Systeme bieten die Möglichkeit, präventiv eine Informations-Architektur „für den Fall der Fälle“ aufzubauen, die dann im Ernstfall nur noch inhaltlich bespielt werden muss. Gleiches kann für so genannte Dark Sites gelten, also nicht online geschaltete Micro-Sites auf der Unternehmens-Homepage.

#6 Erstellen Sie Kontaktlisten behördlicher Ansprechpartner!

Für viele Produktgruppen (Lebensmittel/Futtermittel, Arzneimittel, Medizinprodukte, Verbraucherprodukte jedweder Art) sieht das europäische Recht zwingende Mitteilungspflichten an staatliche Überwachungsbehörden vor (sog. Notifikation). Vergleichbare Rechtspflichten gibt es auch außerhalb des EU-Raums, wobei just dies von Land zu Land und Produktgruppe zu Produktgruppe mit Hochdruck zu recherchieren ist. Es ist sinnvoll, jedenfalls die relevanten Marktüberwachungsbehörden in großen Vertriebsregionen sowie am Stammsitz des Unternehmens vorab zu kennen. Eine Kontaktpflege zu „Friedenszeiten“ kann übrigens im Krisenfall sehr helfen.

#7 Dokumentieren Sie die Kosten!

Sämtliche durch den Produktrückruf veranlasste Kosten müssen sofort auf eine eigene Kostenstelle verbucht werden. Dazu zählen interne Sonderausgaben, aber auch externe Kosten (Anwälte, Sachverständige, Kommunikationsberater, Logistikunternehmen et cetera). Eine lückenlose Kostendokumentation ist für etwaige Regresse gegenüber einem verursachenden Lieferanten in der Supply Chain ebenso wichtig wie für etwaige Versicherungsdeckungen.

#8 Erhöhen Sie die Rückverfolgbarkeit!

Das Stichwort Traceability ist in aller Munde. Wozu die Rückverfolgbarkeit gut ist, stellt sich aber hart auf hart erst im Rückruffall heraus, wenn es nämlich darum geht, betroffene von nicht-betroffenen Produkten klar abgrenzen zu können. Hier werden first-in-/first-out-Dokumentationen, ein Chargen-Tracking, serielle Rückverfolgungs-Kennzeichnungen und Fertigungsslots eine dramatische Rolle spielen, deren Ausbleiben weniger juristisch als vielmehr betriebswirtschaftliche Konsequenzen hat. Denn wenn nicht-infizierte Ware gleichwohl nicht von infizierter Ware abgetrennt werden kann, muss im Zweifel auch i. O.-Ware zurückgerufen werden.

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