Die meisten von uns haben bereits privat oder beruflich erste Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz (KI) gesammelt und es ist zu erwarten, dass sich Unternehmen in der Zukunft weitere bahnbrechende Möglichkeiten eröffnen werden. Spätestens seit ChatGPT einen weltweiten KI-Hype ausgelöst hat, hat sich die Technologie in kürzester Zeit fest in der Arbeitswelt etabliert. Auch in Compliance-Abteilungen hält KI seit Längerem Einzug.
Neue Herausforderungen für Compliance-Verantwortliche
Die EU-Gesetzgebung zu künstlicher Intelligenz, der EU-AI-Act, stellt Compliance-Manager zusätzlich vor neue Herausforderungen und rückt diese Technologie im Kontext der Compliance in ein neues Licht. Dieser umfassende Rechtsrahmen wird voraussichtlich nahezu alle Unternehmen betreffen und ähnliche Auswirkungen wie die EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) haben. Denn ab 2026 werden nicht nur Entwicklern und Anbietern von KI-Systemen, sondern auch Anwendern neue Compliance-Pflichten auferlegt. Bei Verstößen drohen hohe Geldbußen – Unternehmen sollten daher bereits jetzt die Umsetzung des KI-Gesetzes in Angriff nehmen, um die Fehler aus der Anfangszeit der EU-DSGVO zu vermeiden.
Für Compliance-Verantwortliche bedeutet dies zusätzliche Aufgaben und Herausforderungen. Von einer wachsenden Anzahl von Regulierungen und Sprachbarrieren bei internationalen Vorschriften bis hin zu mangelnder IT-Unterstützung und Medienbrüchen stehen sie vor großen Herausforderungen. Bei knappen Ressourcen und steigenden Anforderungen sind Compliance-Teams einem enormen Arbeits- und Zeitdruck ausgesetzt.
…aber zeitgleich auch Chancen & Effizienzvorteile
Gleichzeitig bieten KI-Technologien enorme Chancen, um Compliance-Prozesse effizienter zu gestalten und den steigenden regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden. So ist künstliche Intelligenz nicht nur eine zusätzliche Aufgabe, sondern auch eine Lösung für Compliance-Verantwortliche. Es ist wichtig, dass sie sich mit der Technologie auseinandersetzen, um die Zusammenhänge und Auswirkungen eines KI-Einsatzes in ihrer Organisation zu verstehen. Gleichzeitig sollten sie sich darüber im Klaren sein, wie KI ihren eigenen Verantwortungsbereich verändern wird und wie sie die Effizienzvorteile am besten nutzen können.
Aktuelle Studie: GenAI bereits im Arbeitsalltag etabliert
Bereits jetzt nutzen viele Compliance-Profis künstliche Intelligenz als Unterstützung zur Bewältigung ihrer Aufgaben. In unserer aktuellen Umfrage zum Thema „Compliance & KI“ gaben über die Hälfte der knapp 300 Befragten in Europa an, dass sie KI-Tools regelmäßig (d. h. jeden Tag oder mindestens einmal pro Woche) einsetzen. Am häufigsten kommen generative KI-Tools wie ChatGPT oder DeepL in der Kommunikation zum Einsatz, etwa beim Formulieren von E-Mails oder Berichten, sowie für Recherchen. Für über 80 % der Befragten überwiegen die Vorteile beim Einsatz von KI-Tools deutlich.
Die verschiedenen Anwendungsbereiche von KI in der Compliance
Ein weiterer Bereich, in dem generative KI in der Compliance eingesetzt werden kann, ist die Bearbeitung von Anfragen mithilfe von Kommunikations-Tools wie Chatbots. Diese erleichtern die schnelle und verständliche Kommunikation von Regulierungen im Unternehmen. Sie können Mitarbeitenden rund um die Uhr Fragen beantworten und durch geschickte Rückfragen die passende Auskunft in Richtlinien und Policies finden. Bei unklaren Situationen können sie eine Vorqualifizierung vornehmen und Mitarbeitende gezielt an Compliance-Verantwortliche weiterleiten.
Neben generativer KI und Chatbots gibt es zahlreiche weitere Anwendungsbereiche, die die Arbeit von Compliance-Managern vereinfachen und die Effizienz steigern können. Beispielsweise können KI-Lösungen die Auswirkungen regulatorischer Veränderungen auf Richtlinien und Policies analysieren, Dokumente konsolidieren und Metadaten extrahieren sowie die Compliance-Datenqualität optimieren und Inkonsistenzen identifizieren.
Die Modernisierung der Compliance ist angesichts steigender regulatorischer Anforderungen und begrenzter Budgets keine Option mehr. Innovative Technologielösungen mit KI können einen maßgeblichen Beitrag leisten, insbesondere bei der Verarbeitung großer Datenmengen und der Bearbeitung von Standardfällen. Dennoch bleibt menschliche Erfahrung unersetzlich. Eine hybride Lösung, die die Effizienz von KI mit menschlichem Anwendungswissen kombiniert, kann Compliance-Verantwortliche entlasten und Compliance effizienter und effektiver machen.
Mit Blick auf den AI-Act ist es wichtig, dass Unternehmen bereits jetzt die Weichen für den Einsatz von KI in der Compliance stellen. Die Einhaltung der neuen Compliance-Pflichten und die Vermeidung von Verstößen sollten oberste Priorität haben. Künstliche Intelligenz bietet enorme Potenziale für das Compliance-Management, die es zu nutzen gilt, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden und den Erfolg des Unternehmens langfristig zu sichern.