Waffen, Geld und Schweigen

Compliance-Chroniken

Ein Milliarden-Deal und sein Preis 

Im Zentrum stand das berüchtigte al-Yamamah-Abkommen – ein Waffendeal zwischen dem Vereinigten Königreich und Saudi-Arabien. Es ging nicht nur um Kampfjets und Radarsysteme, sondern auch um politische Loyalität und sehr viel Geld. Das Auftragsvolumen belief sich auf über 60 Milliarden Euro. Offiziell war alles sauber, inoffiziell flossen rund eine Milliarde Pfund über verschachtelte Kanäle an Mitglieder der saudischen Königsfamilie. Besonders Prinz Bandar bin Sultan kassierte über ein Jahrzehnt regelmäßig – teils über US-Banken. Die britische Regierung schaute weg. Unter Verweis auf „nationale Sicherheitsinteressen“ stoppte Premierminister Tony Blair 2006 die Ermittlungen des Serious Fraud Office (SFO). 

Das SFO hatte die Affäre ursprünglich mit Nachdruck verfolgt. Die Einstellung des Verfahrens rief scharfe Kritik hervor – von NGOs wie Transparency International und der OECD. Großbritannien verstieß damit gegen internationale Antikorruptionsabkommen. Die USA waren weniger zimperlich. Ihre Ermittlungen führten zu Zahlungen von 400 Millionen Dollar an das US-Justizministerium und 30 Millionen Pfund an Großbritannien. Eine hohe Summe, aber für ein Unternehmen, das mit dem Deal über Jahrzehnte rund 40 Milliarden Pfund verdient haben soll, wohl nur ein Preis für die Reputationssanierung. 

Exportware Einfluss: Korruption auf allen Kanälen 

Auch andere Länder waren betroffen: In Südafrika, Tansania, Rumänien, Ungarn und Tschechien tauchten Bestechungsvorwürfe auf – insbesondere beim Verkauf von Gripen-Kampfflugzeugen. Allein für die Vermittlung der Gripen-Deals nach Tschechien und Ungarn flossen bis zu 22 Millionen Euro an Mittelsmänner. BAE nutzte ein Netzwerk aus Tarnfirmen und Offshore-Konten, um Zahlungen zu verschleiern. 

Und was bleibt? Kein Manager wurde strafrechtlich verfolgt. BAE Systems räumte zwar „Fehlverhalten“ ein, vermied aber jedes klare Schuldeingeständnis. Ein Vergleich ersetzte die juristische Aufarbeitung. Die Compliance-Welt bekam ein abschreckendes Beispiel dafür, was geschieht, wenn Politik, Industrie und Interessen ineinandergreifen wie Zahnrad und Getriebefett. 

Immerhin hatte der Skandal Folgen. Der UK Bribery Act von 2010 – eines der schärfsten Antikorruptionsgesetze weltweit – wurde auch wegen der BAE-Affäre verabschiedet. Die Rolle unabhängiger Compliance-Monitore gewann international an Bedeutung. BAE selbst führte interne Reformen ein. 

Im internationalen Handel ist Compliance mehr als eine Frage von Regeln. Es geht um politische Verantwortung, moralische Klarheit und die Bereitschaft, Macht nicht über das Recht zu stellen. Denn: Was nützen die besten Exportkontrollgesetze, wenn sie beim nächsten Regierungswechsel auf dem diplomatischen Altar geopfert werden? 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Handel. Das Heft können Sie hier bestellen.

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