Lohngerechtigkeit als Compliance-Risiko

BCK 2025 / Special

Mit der Entgelttransparenzrichtlinie müssen Compliance-Manager das Thema „Lohngerechtigkeit“ nicht nur mit Blick auf Antidiskriminierung, Nachhaltigkeit und Attraktivität im Bewerbungsprozess, sondern auch mit Blick auf die korrekte Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuern in den Blick nehmen. Wenn circa 50 Abreitnehmer im Schnitt weniger als 5.000 Euro als Arbeitnehmer des anderen Geschlechts erhalten, etwa weil das Fixentgelt oder der Bonus geringer ist, können rechnerisch schnell strafrechtlich relevante Risiken entstehen, wenn kein juristisch tragfähiger Grund dafür vorhanden ist. Die Gretchenfrage ist, was man tun sollte, um etwaige Risiken zu bewerten und aufzulösen?

Wie häufig muss zunächst ermittelt werden, in welchem Umfang etwaige Risiken bestehen. Dies setzt insbesondere eine exakte geschlechtergeordnete Datenerfassung der Lohndaten und der Arbeitsvergleichbarkeit/Gleichheit der Arbeit voraus. Grading- oder Comp&Benefit-Softwarelösungen helfen, wenn sie die richtigen Parameter setzen. Es reicht nicht, wenn man „marktgerecht“ vergütet oder eine „Job-Matrix“ benutzt. Vielmehr muss ein juristisch diskriminierungsfrei gestaltetes, schlüssiges und transparentes Bewertungssystem verwendet werden. Das macht Arbeit: Denn man muss die tatsächlich ausgeübte Arbeit genauso in den Blick nehmen wie die abstrakten Job- oder Tätigkeitsbeschreibung, um die Vergleichbarkeit zu bewerten. Vorsicht ist geboten, wenn Software-Lösungen auf subjektive Kriterien abstellen, wie z.B. „Fähigkeiten zur Problemlösung“, „Kreativität“, „Team-Inspiration“, „Motivationsfähigkeiten“. Da diese kaum objektiv messbar sind, kann dies zu einer erhöhten Diskriminierungsanfälligkeit von Entgeltsystemen führen. All dies gilt grundsätzlich auch für (Haus-)Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, die genauso dem (europäischen) Recht unterworfen sind.

Wenn nun die Daten aufbereitet sind, sollte die Umsetzung an das jeweilige Unternehmen angepasst vorgenommen werden, um eine Neiddebatte oder Unzufriedenheit zu vermeiden. Oftmals muss zunächst die Sensibilität durch einen Workshop auf Management-Ebene geschaffen werden. Als Compliance-Manager muss man damit ein abgestuften Umsetzungskonzept entwickeln, das ausgehend von der Frage der korrekten Datenaufarbeitung, über die Bewertung des Entgeltsystems und dessen Kriterien, bis hin zur Abänderung/Neufassung führt, etwaige sozialversicherungs- und steuerrechtliche Risiken identifiziert und auflöst und sodann für die Zukunft über ein Schulungs- und Delegationskonzept der damit befassten Mitarbeiter die Lohn-Compliance auch nach Projektabschluss sicherstellt. Dazu kommt das Reporting, welches nach der Entgelttransparenzrichtlinie abhängig von der Unternehmensgröße ohnehin erfolgen muss. Sollen die Überwachungspflichten an die interne Revision delegiert werden, ist auch ein Bewertungskatalog zu entwickeln. Das Thema Entgelttransparenz umfasst insbesondere auch die Professionalisierung des Bewerbungs- und Beförderungsverfahrens.

Ist das nun erneut ein Bürokratie-Monster? Entgeltgerechtigkeit ist ein uraltes Prinzip der europäischen Marktwirtschaft. Fakt ist auch, dass Deutschland europäisch eher Mittelmaß ist. Hier besteht also ein Investitionsstau. Und sind wir ehrlich: Ein faires Entgeltsystem macht das Unternehmen nicht nur attraktiv, sondern auch nachhaltig krisenfest.

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